Die wirtschaftliche Transformation im Zuge von Digitalisierung, Dekarbonisierung und demografischer Entwicklung sorgt für eine Beschleunigung des wirtschaftlichen Strukturwandels, der regelmäßig Arbeitsplätze verschwinden und andere neu entstehen lässt. Die Stiftung Bildung und Beschäftigung setzt sich für die sozialverträgliche Bewältigung dieses Strukturwandels ein. Grundlage ihrer Arbeit ist die Überzeugung, dass Instrumente der Job-to-job-Qualifizierung und -Vermittlung in Deutschland (vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen) zu wenig genutzt werden, um bei betrieblichen Krisen Entlassungen und offene Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Die Stiftung unterstützt und fördert Ideen und Konzepte, die bei drohendem Personalabbau dafür sorgen können, dass der Übergang von einer Beschäftigung in eine andere besser gelingt als bisher – und der Fachkräftemangel dadurch gelindert wird. Die Stiftung unterstützt auch innovative Konzepte des Change Managements, der Personalentwicklung und der Arbeitsmarktpolitik, die dafür sorgen, betriebliche Krisen mit ihren negativen Folgen für die Beschäftigten von vornherein zu vermeiden. Mit ihrer Expertise und ihren Aktivitäten ist die Stiftung gerade in dieser Zeit der wirtschaftlichen Transformation eine anerkannte Akteurin der forschungsgeleiteten Wissensaufbereitung, Netzwerkbildung und Politikberatung in ihrem Themenfeld.
Die Stiftung betreut und moderiert eine Arbeitsgruppe aus Vertreter*innen von Politik, Unternehmen, Gewerkschaften, Wissenschaft und anderen Stiftungen, die sich für die Verbesserung von Rahmenbedingungen für Job-to-job-Qualifizierung und -Übergänge einsetzt. Ein Teil ihrer Vorschläge hat seinen Niederschlag in der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung für die Periode 2021-2025 gefunden und ist in seiner Umsetzung von der Stiftung begleitet worden (s. nebenstehende Publikation). Die Stiftung ist Kooperationspartner der Initiative Human Friendly Automation und Mitveranstalter des jährlichen Human Friendly Automation Day.
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Zum Strukturwandel in einer Marktwirtschaft gehört die Tatsache, dass regelmäßig Arbeitsplätze in Unternehmen verschwinden und anderswo neue Arbeitsplätze entstehen. Aufgrund betrieblicher Restrukturierungen (bis hin zu Betriebsschließungen) verlieren in Deutschland jedes Jahr schätzungsweise 3% aller Beschäftigten ihren Arbeitsplatz. Ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten diese Arbeitsplatzverluste vor allem bei großen Betriebsschließungen und Massenentlassungen. Das Betriebsverfassungsgesetz schreibt in solchen Fällen die Aufstellung von Sozialplänen vor, mit denen die Nachteile für die Beschäftigten gemildert oder ausgeglichen werden sollen. In der Praxis konzentrieren sich Sozialpläne vor allem auf die Zahlung von Abfindungen. Instrumente und Maßnahmen, die den Beschäftigten dazu verhelfen, rasch eine Anschlussbeschäftigung zu finden (job-to-job transition), spielen nur eine untergeordnete Rolle; es gibt zwar positive Beispiele (wie der Film zum Fall Loewe-Opta zeigt), ihre Verbreitung ist aber gering. Im internationalen Vergleich bleibt Deutschland damit hinter Ländern wie Schweden, Österreich, Belgien und Frankreich zurück.
Vor diesem Hintergrund tritt die Stiftung Bildung und Beschäftigung für Ideen und Konzepte ein, die bei drohendem Personalabbau dafür sorgen können, dass der Übergang von einer Beschäftigung in eine andere besser gelingt als bisher und der Weg in die offene Arbeitslosigkeit mit ihren materiellen und psychosozialen Folgen möglichst vermieden wird. Die Ziele der Stiftung entsprechen damit denen von arbeitsmarktpolitischen Konzepten wie „Flexicurity“ und „Übergangsarbeitsmärkten“. Im Sinne von Prävention unterstützt die Stiftung auch innovative Konzepte des strategischen Human Resource Managements und des Change Managements sowie der Personal- und Arbeitsmarktpolitik, die dafür sorgen, betriebliche Krisen mit ihren negativen Folgen für die Beschäftigten von vornherein zu vermeiden; im Vordergrund stehen dabei Strategien und Instrumente zur Förderung beruflicher Weiterbildung.
Die Stiftung wurde 1986 als „Deutsche Thomson Stiftung“ von dem französischen Elektronikkonzern Thomson gegründet, um den Gedanken der sozialverträglichen Bewältigung des wirtschaftlichen Strukturwandels mit Hilfe von Analysen, Gutachten und Konferenzen sowie Modell- und Beratungsprojekten zu propagieren. Diese Zielsetzung beruht auf der Tatsache, dass in dem Konzern bereits in den 1980er Jahren versucht wurde, die sozialen und arbeitsmarktpolitischen Folgen von Betriebsschließungen und betrieblichen Restrukturierungen durch Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften und ähnliche Ansätze des Beschäftigtentransfers aufzufangen (vgl. dazu die Darstellung in: Gerhard Bosch, Qualifizieren statt entlassen. Opladen 1990: Westdeutscher Verlag, S. 90-99). Seit dem Rückzug des Stifters aus der Stiftung zu Beginn der 1990er Jahre wird die Stiftung unter ihrem jetzigen Namen mit unveränderter Aufgabenstellung durch ehemalige Thomson-Führungskräfte sowie unabhängige Wissenschaftler/innen, Arbeitsmarktexpert/innen und Praktiker/innen von Arbeitgeber- und Gewerkschaftsseite in Vorstand und Beirat weitergeführt. Angesichts der Zusammensetzung von Vorstand und Beirat vereint die Stiftung umfangreiche personal- und arbeitsmarktpolitische Kompetenz zu Fragen der sozialverträglichen Bewältigung des wirtschaftlichen Strukturwandels.
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Die Stiftung hat ihren Sitz in Duisburg und ist als Stiftung bürgerlichen Rechts im Stiftungsregister der Bezirksregierung Düsseldorf unter der Nummer St. 1372 registriert. Sie arbeitet im Rahmen des Stiftungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen. Vom Finanzamt Duisburg-Süd ist sie als gemeinnützig anerkannt. Gemäß ihrer Satzung wird die Stiftung von einem Vorstand und einem Beirat geleitet. Vorstand und Beirat sind ehrenamtlich tätig.
Dr. Heinz Hinrich Schmidt
Vorsitzender; Lehrender an der Hochschule Rhein-Waal; ehem. Personalmanager u.a. in der Stahl- und Automobilindustrie
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Dr. Hans-Joachim Gergs
Stellvertretender Vorsitzender; Change Manager in der Automobilindustrie und Gesellschafter, Gesellschaft für empirische Organisationsforschung GfeO
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Prof. Dr. Gernot Mühge
Professor für Arbeit, Organisation, Personal und Diversität, Hochschule Darmstadt
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Prof. Dr. Bernd Reissert
Professor für Politikwissenschaft und ehem. Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
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Johann Engelmann
Vorsitzender; ehem. Leiter Personalmanagement UVEX
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Clément Kopp
Stellvertretender Vorsitzender; Gründer der EuroTriade Gruppe – Internationale Personalberatung und Personalvermittlung
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Alfred Dambacher
Geschäftsführender Gesellschafter, Mentis International Human Resources
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Dr. Susanne Gebauer
Geschäftsführerin, bfw Berufsförderungswerk Nürnberg gGmbH
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Dr. Renata Häublein
Geschäftsführerin, Jobcenter Nürnberg-Stadt
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Johannes Kirsch
Ehem. IAQ – Institut Arbeit und Qualifikation, Universität Duisburg-Essen
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Birgit Kurz
Geschäftsführerin, IfeS/IFB an der Universität Erlangen-Nürnberg
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Harald Müller
Geschäftsführender Gesellschafter, BWA Bonn GmbH
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Yvonne Salazar
Personalentwicklerin und Erwachsenenbildnerin
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Die früheren Beiratsmitglieder Hansjörg Mauch (Mitbegründer und ehem. Geschäftsführer von Metaplan) und Herbert Hansel (ehem. Geschäftsführer, Mypegasus GPQ, Nürnberg) stehen der Stiftung weiterhin beratend zur Seite.
Weitere frühere Beiratsmitglieder waren Prof. Dr. h.c. Josef Stingl (ehem. langjähriger Präsident der Bundesanstalt für Arbeit), Prof. Dr. Burkart Lutz (Gründer und langjähriger Geschäftsführender Direktor des ISF Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung München sowie Gründer und Forschungsdirektor des Zentrums für Sozialforschung Halle), Dr. Fritz-Jürgen Kador (ehem. langjähriger Abteilungsleiter bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitsgeberverbände) und Dr. Wolfgang Sachse (ehem. Vorstandsmitglied BVUK-Gruppe).
Die Aktivitäten der Stiftung konzentrieren sich auf drei Felder:
Zu den von ihr vertretenen Themen richtet die Stiftung regelmäßig Tagungen und Konferenzen aus – meist im Zusammenhang mit Projekten, die von der Stiftung gefördert werden. Aus finanziellen Gründen und im Interesse einer breiteren Resonanz für ihre Themen führt die Stiftung die Tagungen und Konferenzen in der Regel nicht allein, sondern in Kooperation mit anderen Organisationen durch. Wichtige bisherige Tagungen und Konferenzen waren
Job-to-job-Qualifizierung in der Transformation»
Workshop mit betrieblichen Praktikern; Nürnberg, 12.12.2024
Präsentation zu „Human Friendly Automation“, Dr. Hans-Joachim Gergs
Präsentation zu „Brauchen wir noch öffentliche Förderung für Job-to-job-Übergänge“, Prof. Dr. Bernd Reissert
Instrumente zur personalpolitischen Bewältigung betrieblicher Transformationsprozesse »
Fachgespräch für betriebliche Praktiker; Nürnberg, 25.10.2018
Präsentation zu „Personalvermittlung im internen Arbeitsmarkt“, Dr. Gernot Mühge
Präsentation zu „Beschäftigtentransfer stärken! Lehren aus einem internationalen Vergleich“, Prof. Dr. Bernd Reissert
Weiterbilden für die digitale Transformation »
Fachtagung für betriebliche Praktiker, gemeinsam veranstaltet mit der AUDI AG und der IG Metall Ingolstadt; Ingolstadt, 30.06.2017
Präsentation zu Digitaler Transformation und Qualifikation, Andrea Baukrowitz
Tagungsbericht in der Zeitschrift „Personalwirtschaft“
Mehr Beschäftigungsbrücken bei Massenentlassungen! »
Podiumsdiskussion mit den Berliner Wirtschaftsgesprächen e.V., Berlin, 16.03.2017
Workshop zu Ergebnissen und Handlungsoptionen aus Projekten der Stiftung »
Workshop bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, 18.11.2016
Referat Dr. Irmgard Borghouts-van de Pas, Securing job-to-job transitions
Referat Prof. Dr. Bernd Reissert, Reformoptionen für den Beschäftigtentransfer
Referat Gernot Mühge, Fairness im Beschäftigtentransfer
Referat Prof. Dr. Matthias Knuth, Hochqualifizierte Zugewanderte; Studie dazu
Workshop gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem helex-Institut, Berlin, 15.10.2015
Referat zur Evaluierung der Praktiker-/Max-Bahr-Transfergesellschaften (Gernot Mühge / Kathrin Flilipiak, helex-Institut)
Weiterentwicklung des Beschäftigtentransfers »
Fachkonferenz gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem helex-Institut, Berlin, 14.11.2014
Einführungsreferat Dr. Heinz Hinrich Schmidt (Stiftung Bildung und Beschäftigung)
Referat zu Transfergesellschaften, Sören Ellerbeck (GIB mbH, Bottrop)
Referat zu internen Arbeitsvermittlungen, Pia Wagner (Gemeinsame Arbeitsstelle RUB/IGM, Bochum)
Film zum Beschäftigtentransfer bei Loewe-Opta, Herbert Hansel (Mypegasus-GPQ, Nürnberg)
Referat zu Arbeitsplatzsicherungsstiftungen in Schweden, Dr. Andreas Diedrich (Universität Göteborg)
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen (helex-Institut)
Abwärtsspiralen unterbrechen. Wege aus der Arbeitslosigkeitsfalle »
Tagung gemeinsam mit der Evangelischen Akademie Nordbaden und dem Institut für Soziologie der Universität Heidelberg, Bad Herrenalb, 18.-19.06.2010
Übergänge in wirtschaftlichen Umbrüchen. Neuorientierung und Wiederbeschäftigung bei Stellenabbau »
Die Stiftung Bildung und Beschäftigung verleiht regelmäßig einen Preis für hervorragende wissenschaftliche Nachwuchsarbeiten zu Themen des sozialverträglichen Umgangs mit (drohendem) Personalabbau. Der Preis wird in zwei Kategorien vergeben:
Gegenstand der zu prämierenden Arbeiten müssen Strategien und/oder Instrumente zur sozialverträglichen Gestaltung oder Vermeidung von Personalabbau bei betrieblichen Restrukturierungen oder Betriebsschließungen sein. Der Fokus kann dabei sowohl auf der Beschäftigungssicherung in internen Arbeitsmärkten als auch auf der Erleichterung von Übergängen in externe Arbeitsmärkte liegen. Als Untersuchungsgegenstände kommen Strategien und Instrumente auf der betrieblichen Ebene, der tarifvertraglichen Ebene oder der Ebene staatlicher Arbeitsmarktpolitik in Frage; idealerweise wird die Interaktion mehrerer Ebenen thematisiert. Die Arbeiten sollen zum Zeitpunkt der Einreichung nicht älter als zwei Jahre sein. Kriterien für die Verleihung des Preises sind wissenschaftliche Qualität und Praxisrelevanz.
Bisher wurden folgende Arbeiten prämiert:
Preisverleihung an Dr. Irmgard Borghouts-van de Pas
Vorschlagsberechtigt für den Preis sind Betreuerinnen und Betreuer von einschlägigen Arbeiten an deutschen Hochschulen sowie Mitglieder von Vorstand und Beirat der Stiftung. Selbstbewerbungen sind ebenfalls zulässig. Dem Vorschlag bzw. der Bewerbung müssen beigefügt sein
Vorschläge bzw. Bewerbungen werden erbeten an:
Stiftung Bildung und Beschäftigung,
z.Hd. Prof. Dr. Bernd Reissert,
Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin,
bernd.reissert@hwr-berlin.de
Die Stiftung führt regelmäßig kleinere Projekte durch, um die Chancen für einen verbesserten Beschäftigtentransfer und für Innovationen in der Personal- und Arbeitsmarktpolitik auszuloten oder - in Form von Modell- und Beratungsvorhaben – zu demonstrieren. Typisch sind dabei kleinere Expertisen oder Enquêtes, mit denen erkundet wird, wie bestimmte ausländische Modelle und Erfahrungen sich auf deutsche Verhältnisse übertragen lassen. Angesichts eng begrenzter eigener Ressourcen realisiert die Stiftung ihre Projekte vorzugsweise mit externen Partnern wie Stiftungen, Think Tanks und Einrichtungen der Sozialpartner oder der Wissenschaft. Wichtige bisherige Projekte waren:
Nach der Bundestagswahl 2021 hat die Ampel-Koalition die vorliegenden Reformvorschläge zur Förderung von Job-to-job-Übergängen in ihrer Koalitionsvereinbarung recht umfassend aufgegriffen. Mitglieder der von der Stiftung moderierten Arbeitsgruppe aus Vertreter*innen von Politik, Unternehmen, Gewerkschaften, Wissenschaft und anderen Stiftungen, die die Verbesserung von Rahmenbedingungen für Job-to-job-Qualifizierung und -Übergänge diskutiert, haben dazu maßgeblich beigetragen. Zur Vorbereitung hatte die Stiftung ein Papier erstellt, das Reformdebatte und Reformvorschläge vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen zusammenfasste.
In enger Abstimmung mit der genannten Arbeitsgruppe hat die Stiftung dann begonnen, die Umsetzung der entsprechenden Punkte des Koalitionsvertrages kritisch-konstruktiv zu begleiten. Als Ergebnis wurde im Jahr 2023 von der Stiftung eine Studie erstellt, aus der ersichtlich ist, was aus der bisherigen Reformdiskussion zu Beschäftigungssicherung und Beschäftigtentransfer seinen Niederschlag im Koalitionsvertrag (und seiner Umsetzung) gefunden hat, welche Punkte der Reformdebatte sich im Koalitionsvertrag nicht wiederfinden, welche inhaltlichen Überschneidungen und Diskrepanzen es zwischen Koalitionsvertrag und Reformdebatte gibt und zu welchen Punkten weiterer Diskussions- und Präzisierungsbedarf besteht. Die Studie wurde in der Arbeitsgruppe ausführlich diskutiert, und einzelne Mitglieder der Gruppe haben ihre Ergebnisse in ihren jeweiligen Kontexten weiterverwendet. Ergebnisse der Studie wurden auf einer Vielzahl von Fachkonferenzen sowie beim Hearing „Transformation“ im Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgetragen und diskutiert. Gernot Mühge/Bernd Reissert, Beschäftigungssicherung und Beschäftigtentransfer in der wirtschaftlichen Transformation: Reformschritte und weitere Reformbedarfe. Berlin 2023: FES-Diskurs
Wie der internationale Vergleich zeigt, spielen bei betrieblichen Krisen Maßnahmen zur Förderung des Beschäftigtentransfers (job-to-job transition) in Deutschland eine vergleichsweise geringe Rolle. Zwar verfügt auch die deutsche Arbeitsmarktpolitik über Instrumente, die bei drohendem Personalabbau den Beschäftigten dazu verhelfen sollen, rasch eine Anschlussbeschäftigung zu finden (vor allem die Transfergesellschaft, das Transferkurzarbeitergeld und die Transfermaßnahmen nach §§ 110, 111 und 111a des Sozialgesetzbuchs III). Ihre Anwendung und Finanzierung stößt aber auf eine Vielzahl von Organisations- und Verfahrenshindernissen (Mühge/Schmidt 2014). In Ländern wie Schweden und Österreich, aber auch Belgien und Frankreich spielen Instrumente des Beschäftigtentransfers eine deutlich größere Rolle als in Deutschland. Dies zeigen u.a. die Arbeiten der Trägerin des Wissenschaftspreises der Stiftung Bildung und Beschäftigung, Irmgard Borghout-van der Pas, aber auch Untersuchungen des Instituts für Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen.
Vor diesem Hintergrund hat die Stiftung Bildung und Beschäftigung in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem helex-institut Bochum von 2015 bis 2017 ein Projekt durchgeführt, in dem Entscheidungsträger/innen aus Politik, Gewerkschaften und Verbänden gemeinsam ausgelotet haben, wie ausländische Erfahrungen mit Instrumenten des Beschäftigtentransfers für Reformen in Deutschland fruchtbar gemacht werden können. Das Projekt hat sich auf Erfahrungen aus Schweden (mit den dortigen Stiftungen zur Arbeitsplatzsicherung – Job Security Councils), aus Belgien (mit den dortigen Cellules de Reconversion in der Wallonie) und aus Österreich (mit den dortigen Arbeitsstiftungen) konzentriert. Im Juni 2018 ist der Endbericht zum Projekt (Kurzfassung als Präsentation) publiziert worden.
Der Bericht der Stiftung ist in Diskussionen zum Reformbedarf der Arbeitsmarktpolitik auf erhebliche Resonanz gestoßen, u.a. auf der Fachkonferenz „Beschäftigtentransfer in Deutschland weiterentwickeln“, die am 14.11.2018 von der Hans-Böckler-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung in Düsseldorf durchgeführt wurde, sowie auf der Fachtagung „Arbeitsmarktpolitik im Strukturwandel: Lehren aus 50 Jahren Arbeitsförderungsgesetz“, die von der Arbeitnehmerkammer Bremen, der Universität Bremen (iaw) und der Hochschule Bremen am 07./08.11.2019 in Bremen organisiert wurde.
Einige Vorschläge des Projekts zur Stärkung und Flexibilisierung der Qualifizierungsförderung im Beschäftigtentransfer haben im Mai 2020 in das Sozialgesetzbuch III Eingang gefunden. Die Stiftung ist damit in erheblichem Umfang zum forschungsgeleiteten Katalysator für politische Reformen in ihrem arbeitsmarktpolitischen Tätigkeitsbereich geworden.
Beiträge zum Projekt lieferten die folgenden Erkundungen in den drei untersuchten Ländern:
Schweden: Das Modell der Job Security Councils
Vom 16. bis 18. September 2015 führte die Stiftung mit 16 Vertreter/innen des Bundestages, des Landtages von Nordrhein-Westfalen, von Ministerien und von Gewerkschaften eine Studienreise nach Schweden durch, um das dortige System des Beschäftigtentransfers – die Job Security Councils – vorzustellen, näher kennenzulernen und im Hinblick auf ihre Übertragbarkeit nach Deutschland zu diskutieren (Konzept und Reiseprogramm). Die Reise wurde durch je eine Konferenz sowie einen Reader vor- und nachbereitet. Vorläufige Ergebnisse wurden in einer Konferenzpräsentation zusammengefasst.
Belgien (Wallonie): Das Modell der Cellules de Reconversion
Vom 1. bis 2. Dezember 2016 führte die Stiftung mit Vertreter/innen von Politik, Gewerkschaften und Verbänden eine ähnliche Studienreise nach Belgien (Region Wallonie) durch, um das dortige Modell des Beschäftigtentransfers durch die Cellules de Reconversion gemeinsam kennenzulernen und im Hinblick auf ihre Übertragbarkeit nach Deutschland zu diskutieren (Programm und inhaltliche Vorbereitung). Vorläufige Ergebnisse der Erkundung wurden in einer Präsentation zusammengefasst.
Österreich: Das Modell der Arbeitsstiftungen
Vom 17. bis 19. Juli 2017 führte die Stiftung mit Vertreter/innen von Politik, Gewerkschaften und Verbänden eine ähnliche Studienreise nach Österreich (Linz) durch, um das dortige Modell der Arbeitsstiftungen (u.a. der Voest-Alpine-Stahlstiftung) gemeinsam kennenzulernen und im Hinblick auf ihre Übertragbarkeit nach Deutschland zu diskutieren (vgl. Reiseprogramm). Die Reise wurde durch einen Reader vorbereitet.
Gute Transferberatung (2017/2018) »
Im Zusammenhang mit dem Projekt zu den Reformoptionen für den Beschäftigtentransfer wurde von der Stiftung noch eine Spezialuntersuchung durchgeführt, die die Bedeutung von Fairness im Stellenabbau für den Erfolg des Beschäftigtentransfers in Deutschland analysierte. Unter dem Titel „Fairness im Stellenabbau als Ausgangsbedingung für arbeitsmarktpolitische Beratung“ wurden die Ergebnisse dieser Untersuchung im Jahr 2017 in der Zeitschrift „ARBEIT - Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik“ veröffentlicht.
Im Jahr 2018 sind diese Ergebnisse in ein Leitbild „Gute Transferberatung“, eingeflossen, das unter der Koordination durch die GIB Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH NRW und das Helex Institut Bochum entwickelt wurde und das sich mittlerweile alle wichtigen Trägerorganisationen des Beschäftigtentransfers zu Eigen gemacht haben.
Vorausschauende Selbsterneuerung in Unternehmen (2015-2017) »
Ihrem Auftrag gemäß unterstützt die Stiftung innovative Konzepte des Change Managements sowie der Personal- und Arbeitsmarktpolitik, die dafür sorgen, betriebliche Krisen mit ihren negativen Folgen für die Beschäftigten von vornherein zu vermeiden (und damit Instrumente des Beschäftigtentransfers gar nicht erst erforderlich zu machen). In diesem Zusammenhang fördert die Stiftung ein Forschungsvorhaben, das sich mit der Frage beschäftigt, wie sich Unternehmen von innen heraus erneuern, bevor sie in eine Krise geraten und zu strukturellen Veränderungen gezwungen werden. Zu dieser Frage der vorausschauenden Selbsterneuerung liegen bislang nur sehr wenige empirische Befunde vor. Das Projekt stützt sich auf Fallstudien zu Unternehmen, die sich in den zurückliegenden 10 Jahren grundlegend verändert haben, ohne vorher in eine Krisensituation geraten zu sein. Bei den untersuchten Unternehmen handelt es sich zumeist um Unternehmen der „New Economy“ also um Unternehmen aus den Bereichen Software-Entwicklung, Medien, Internet. In einer zweiten Befragungswelle sollen die bis dahin gewonnen Erkenntnisse mit Unternehmen aus der „Old Economy“ in einem kontrastierenden Vergleich ergänzt werden.
Aus dem Projekt sind 2016 und 2020 zwei vielbeachtete Bücher erschienen:
Hans-Joachim Gergs/Arne Lakeit, Agilität braucht Stabilität. Mit Ambidextrie Neues schaffen und Bewährtes bewahren. Stuttgart 2020: Schäffer-Poeschel
Hans-Joachim Gergs, Die Kunst der kontinuierlichen Selbsterneuerung. Acht Prinzipien für ein neues Change Management. Weinheim/Basel 2016: Beltz
Weitere Veröffentlichung:
Hans-Joachim Gergs, Neue Herausforderungen an das Change Management. In: Olaf Geramanis/ Kristina Hermann (Hg.), Führen in ungewissen Zeiten. Impulse, Konzepte und Praxisbeispiele. Wiesbaden 2016: Springer Gabler, S. 189-203
Deutschlandstipendium für zugewanderte Studierende im Bereich Human Resources (ab 2017) »
Seit 2017 fördert die Stiftung zeitweise ein Deutschlandstipendium für zugewanderte Studierende oder Flüchtlinge mit Studienberechtigung in wirtschafts- oder sozialwissenschaftlichen Studiengängen mit dem Schwerpunkt Personalwesen (Human Resources). Ziel der Förderung ist es, zugewanderte Studierende oder Flüchtlinge mit Studienberechtigung, die im Personalwesen tätig sein wollen, an die Themen der Stiftung heranzuführen. Die Vergabe des Stipendiums erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Verein zur Förderung der Integration hochqualifizierter Zuwanderinnen und Zuwanderer INTEZ e.V. Die geförderten Studierenden arbeiten in ihrem Studium zumeist zu Themen der Stiftung (vgl. z.B. die Präsentation der geförderten Studentin Bozena Sieron-Valentin zu Umstrukturierungsprozessen im oberschlesischen Steinkohlebergbau).
Jobrotation: Weiterbilden und Einstellen (1995-2002) »
„Jobrotation: Weiterbilden und Einstellen“ ist ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, das in den frühen 1990er Jahren in Dänemark und Schweden mit großem Erfolg entwickelt worden war. Es fördert die zeitweise Freistellung von Beschäftigten, damit sie sich für ihre Tätigkeit im Unternehmen weiterbilden können, und gleichzeitig die zeitweise Besetzung der vorübergehend vakanten Arbeitsplätze durch Stellvertreter/innen, die zuvor arbeitslos waren. Das Instrument dient damit gleichzeitig der beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmer/innen, der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, der Reintegration von Arbeitslosen und der Entlastung des Arbeitsmarktes. Es entspricht damit genau den präventiven Zielen der Stiftung.
Die Stiftung Bildung und Beschäftigung hat die Einführung und Umsetzung dieses Instruments in Deutschland stark gefördert und eng begleitet. Mit einer viel beachteten Studie (Höcker/Reissert 1995) hatte sie 1995 auf das erfolgreiche skandinavische Instrument und seine Anwendbarkeit in Deutschland aufmerksam gemacht und danach die mögliche Umsetzung in Deutschland in mehreren Modellversuchen begleitet. 1998 war dann die Aufnahme des Instruments in das Regelwerk des Sozialgesetzbuchs III (§ 89 SGB III) erreicht – aufgrund politischer Kompromisse allerdings mit Förderungsregelungen, die von den skandinavischen deutlich abwichen und die das Instrument in Deutschland kaum zur Entfaltung bringen konnten. Die Stiftung engagierte sich deshalb 1999 noch einmal mit einer Studie, die die Förderungsbedingungen und die Anwendung des Instruments Jobrotation in Deutschland und in acht weiteren EU-Ländern miteinander verglich (Schömann/Mytzek/Gülker 1999). Die Studie zeigte, dass die deutsche Regelung in § 89 SGB III für eine flächendeckende Verbreitung des Jobrotationsmodells kaum geeignet war, da es im Vergleich zu anderen Ländern für Arbeitslose zu geringe und für Beschäftigte tendenziell zu große Anreize bot. Aufgrund dieser Ergebnisse setzte sich die Stiftung in den Folgejahren dafür ein, eine Verbesserung der Bedingungen für Jobrotation in Deutschland durch die Annäherung der Förderregelungen an die Standards anderer europäischer Länder zu erreichen. Sie war 2001 erfolgreich, als die Förderbedingungen für Jobrotation zum 01.01.2002 durch eine Gesetzesänderung an die Standards anderer europäischer Länder angepasst wurden (§§ 229-232 SGB III). Im Zuge der Hartz-Reformen blieb dem reformierten Instrument dann allerdings nicht mehr genug Zeit, sich zu bewähren. Mit dem Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente wurde es zum 01.01.2009 aus dem Maßnahmenkatalog des SGB III wieder gestrichen.
Veröffentlichungen: